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10 Jahre Hartz IV

Vor zehn Jahren trat Hartz IV in Kraft. Dies hat natürlich im Sinne einer Bilanz für viele Berichte und Kommentare in den Medien gesorgt. Angesichts der politischen Dimension der damaligen Reform und des heutigen Standes war das auch zu erwarten. Unerfreulich aber nicht unerwartet haben die Berichte teilweise erhebliche Schärfe.

Eine große deutsche Tageszeitung titelt: „Immer den Staat im Nacken“.
„Seit zehn Jahren gibt es nun Hartz IV. Die Reform hat die Republik drastisch verändert. Ihre Befürworter sagen: zum Besseren. Doch die Teilhabe am normalen Leben ist für Millionen Betroffene fast unmöglich geworden. Mehr noch: Viele müssen feststellen, dass mit Hartz IV in Deutschland die Zone der Verachtung beginnt. Eine Bestandsaufnahme.“

Die Zwischentitel sprechen für sich: rohe Bürgerlichkeit, Absturz, Schuld, Entmündigung, Kontrolle, Trauma.

Ich halte nicht viel von einem derartigen Scherbengericht. Wer sich nicht mehr erinnern kann: vor Hartz IV gab es Sozialhilfe. Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, die Sozialhilfeempfänger so zu beschreiben.

Klar ist natürlich, dass es die Jobcenter mittlerweile mit einer erheblichen Förderbürokratie zu tun haben. Die Vorschriften sind – wie das Bürokratien gerne mal so an sich haben – immer komplexer geworden. Man kann davon ausgehen, dass sich heute die Hälfte der fast 60 000 Jobcenter-Mitarbeiter mit nichts anderem beschäftigt als der korrekten Abwicklung von Leistungen, Widersprüchen und Mahnbescheiden.

Tatsächlich aber läuft in den Jobcentern auch eine intensive Betreuung und Förderung der Langzeitarbeitslosen. Die aktuelle Strategie ist, die Förderung noch zielgenauer auszuweiten. Zaubern können die Mitarbeiter aber leider nicht. Viele Problemlagen sind so schwierig, dass Integrationserfolge schwer zu erzielen sind. Dies gilt beispielsweise oft für alleinerziehende Frauen, für die es keine Arbeitsplätze gibt, die von der Arbeitszeit her Arbeit und Kinderbetreuung verbinden lassen.

Fazit: von einer globalen Schelte des Systems Hartz IV und aller Beteiligten halte ich wenig. Es geht eher darum, mit konstruktiver Kritik Schwachstellen zu analysieren und Entwicklungswege aufzuzeigen.