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Nie mehr schreien

Unter dieser Überschrift berichtete eine deutsche Zeitung über den notwendigen Kulturwandel bei VW im Kontext der Abgasaffäre. Für die VW-Affäre sei auch eine Befehlskultur verantwortlich, die lange in deutschen Konzernen herrschte. Nun – meint die Zeitung – rütteln Unternehmen an den Hierarchien.

 

Der neue Konzernchef Matthias Müller hatte die 400 wichtigsten Manager des Konzernes eingeladen. Er beschrieb sein Ziel, den Konzern neu auszurichten. Er will brechen mit der One-Man-Show nach dem Stil Piech Winterkorn. Schneid, Mut zum Scheitern, Offenheit wünscht er sich von seinen Truppen. Das Führungsverständnis, der Umgang mit Fehler, der Umgang untereinander, ja letztlich so ziemlich alles müsse sich ändern. Und er sagt: “Ich jedenfalls will meinen Beitrag leisten, dass wir künftig anders, nämlich auf Augenhöhe zusammenarbeiten.“

 

Da geht einem doch das Herz auf. Und genau so wird es auch den rund 600 000 Menschen gehen, die weltweit für den Konzern arbeiten. Wobei die Frage erlaubt ist, wie groß die Erfolgswahrscheinlichkeit ist. Unternehmenskulturen sind eine zähe Masse. Da ist für Bewegung schon viel Feuer im Kessel erforderlich.

 

Der unverwüstliche Thomas Sattelberger ist in der gleichen Zeitung zum Thema interviewt worden. Als erfreulich notorischer Hau Drauf hat er da aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht. Gefragt nach den diversen VW-Skandalen der letzten zwei Jahrzehnte spricht er von einer „Fäulnis der Kultur“.

 

Auf die Nachfrage des Interviewers „Fäulnis? Das klingt ja literarisch.“ Legt er richtig los.

 

„Ich meine damit Effizienzfanatismus ohne innere Werte. Vom Eigentümer Piech und seinem Getreuen Martin Winterkorn getrieben, gaben die Vorstände den Margen- und Umsatzdruck voll in die Organisation weiter. Diese Kultur sehen sie bei einem beträchtlichen Teil der deutschen Konzerne, nur dass da die Börse der Treiber ist. Sie haben es bei der Deutschen Bank gesehen, beim Versicherer Ergo unter Thorsten Oletzky. Es gab diese Befehl- und Gehorsamskultur bei Thyssen-Krupp vor dem Amtsantritt von Heinrich Hiesinger und es gibt sie bei Siemens. Da mussten schon früher die Bereichsvorstände antanzen und wer zuerst drankam, hatte die Arschkarte.“

 

Wo er recht hat, hat er recht. Da kenne ich auch Fälle.

Trotzdem behalte ich die Hoffnung und erinnere an meine Blogs zum Thema Führung und Veränderung. Das ist so. Digitalisierung und Industrie 4.0 zwingen Veränderungen herbei. Da hilft rumschreien tatsächlich nix mehr.

 

Photo by Perry Grone on Unsplash