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#MeToo

#MeToo: Eine heftige und weltweite Debatte, die wichtig ist. Es war höchste Zeit, dass Mechanismen, die in bestimmten Branchen zum selbstverständlichen Verhalten gehörten, endlich aufgedeckt wurden. Damit haben viele Frauen den Mut gefunden, mit Erfahrungen an die Öffentlichkeit zu gehen, für die es in der Zeit, als sie die Verletzungen erlebten, keine Öffentlichkeit gab.
Die Resonanz in den internationalen Medien ist natürlich gewaltig.
Jüngst hat der offene Brief von 100 Frauen, darunter Catherine Deneuve, an die französische Tageszeitung „Le Monde“ die #MeToo-Debatte nochmal heftig angeschoben und viel Kritik ausgelöst.

Ich muss sagen, ich tue mich auch schwer für mich selbst als Mann, zu dieser Frage im Alltag eine ausgewogene Position zu finden.
Umso mehr bewundere ich die frühere Familienministerin Kristina Schröder, die der ZEIT in der Ausgabe vom 28. Dezember letzten Jahres ein Interview gegeben hat. Ich möchte das auszugsweise hier wiedergeben, da ich ihre Aussagen beeindruckend finde.

„ZEIT: Wie viel Altmännergehabe gibt`s in der Politik?


Schröder: Das gibt`s, klar. Ich glaube, dass ich als Frau in der Politik sowohl Nachteile als auch Vorteile hatte. Ich kann nicht sagen, was überwogen hat.

ZEIT: Haben Sie jenseits des verunglückten Kompliments in der Politik auch Übergriffe erlebt, Dinge, von denen Sie sagen würden: Das ging zu weit?

Schröder: Wirklich nicht dramatisch. In den fünfzehn Jahren im Bundestag gab es vielleicht eine Handvoll verbaler Annäherungen, bei denen ich gesagt habe: Das finde ich jetzt unpassend. Aber das habe ich als verunglückten Flirtversuch verbucht und nicht als Sexismus. Und ich nehme auch lieber hin und wieder in Kauf, dass man sich mir mal mit tumben Balzverhalten nähert, als in einer komplett sterilen Arbeitswelt zu leben, in der sich Männer und Frauen wie rohe Eier behandeln. Die Gefahr sehe ich derzeit: dass Männer zumindest in der Arbeitswelt gegenüber Frauen jedes private Wort auf die Goldwaage legen. Ich finde aber, dass sowohl die Unterschiedlichkeit als auch die Anziehung der Geschlechter zu den schönen Dingen im Leben gehören. Dafür ertrage ich auch gerne, wenn mal ein Spruch daneben geht.

ZEIT: Kamen solche Sprüche eher von Leuten aus der eigenen Partei oder aus anderen Parteien?

Schröder: Ach, von allem mal. Das erleben Sie einfach als junge Frau.

ZEIT: Haben Sie da wirklich immer gesagt: Das geht jetzt aber zu weit? Oder haben Sie sich manchmal auch als machtlos oder einfach überrumpelt empfunden?

Schröder: Nein, nie.“

In der ZEIT vom 18. Januar 2018 hat Iris Berben ein Interview zu diesem Thema gegeben. Sie ist ja seit 2010 Präsidentin der Deutschen Filmakademie. Das Interview trägt den Titel „Rückgrat, meine Herren! Iris Berben über die #MeToo-Debatte, eingeschüchterte Männer und ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Regisseur Dieter Wedel“

Meiner Meinung nach sind die Aussagen von Berben die ausgewogenste Stellungnahme, die ich in der #MeToo-Debatte bisher gelesen habe. Folglich: zur Lektüre sehr empfohlen.

 

Photo by Mihai Surdu on Unsplash